Jannik Kühlborn, der symphatische Steinbock, spricht mit uns über seine steile aber kurze Beachvolleyballkarriere und wie er nach dieser sein Leben neu struktieren möchte. Er war in der Halle und im Sand stets ein Fanliebling. Ob man ihn nochmal im Sand blocken sieht, erfahrt ihr in unserem Interview.
1. Wie bist du zum Beachvolleyball / Volleyball gekommen?
Auf Umwegen zum Volleyball, auf Abwegen zum Beachvolleyball. Ich habe Ende der 10. Klasse mit Volleyball angefangen, weil ein Arbeitskollege meiner Mutter zu mir meinte „du bist groß, hast du nicht Lust auf Volleyball?“ Das war der Startschuss, danach habe ich meine Schulzeit erst in der 2. und dann in der 1. Mannschaft von Lok Engelsdorf gespielt, bin währenddessen gesichtet worden. Landesauswahl, Bundespokal, Einladung zum VCO Berlin, Jugendnationalmannschaft. Das war alles sehr ungeplant und unverhofft. Beachvolleyball war für mich nie ein Thema, ich habe 2016 angefangen bei BeachL e.V. Training zu geben, weil ich die Menschen mag. 2017/18 habe ich meine Hallenschuhe weitestgehend an den Nagel gehangen und dachte: warum nicht Beachvolleyball? Ich wollte mal in ein Halbfinale von einem A+ Turnier … es ist etwas mehr geworden.

2. Deine Karriere begann mit Felix Glücklederer. Was denkst du war dein/euer Erfolgsrezept?
Fehler verzeihen, absolute Akzeptanz des anderen, die gemeinsame Zeit auf und neben dem Court, die ganze Sache nicht zu ernst nehmen. Ich habe mich immer wahnsinnig befreit und wohl neben ihm gefühlt und ich bin mir sicher, es ging ihm genauso. Das hat unseren Spielwitz und unsere Kreativität unglaublich beflügelt. Insbesondere 2019 war – trotz der Erfolge der letzten 3 Jahre – die schönste Zeit für mich im Sand und ich denke oft mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Die Zeit mit Eric Stadie war ganz anders und auf ihre Art total schön. Da hatte man das Gefühl, dass wir uns den Erfolg wirklich erarbeiten mussten, insbesondere in dem wir uns immer wieder aufeinander einstellen und von Turnier zu Turnier besser kennenlernen mussten. Das wir beide ganz gut Ball spielen können und über eine hohe Spielintelligenz verfügen war sicherlich hilfreich, um all die anderen Aspekte der Teamentwicklung in den Vordergrund stellen zu können.


3. Mit spontent und Twitch ist der Hype der Beachvolleyballszene gerade zu Corona-Zeiten gewachsen. Es gibt auch Nachteile der neuen Tour, zum Beispiel ein sehr kleines Starterfeld. Was denkst du müsste sich noch ändern, dass unsere Jugendspieler auch hochmotiviert bleiben, um auf der Deutschen Tour spielen zu wollen.
Ich glaube, dass Jugendspieler zunächst den „wahren“ Beachvolleyball kennen und lieben lernen müssen. Die Zielstellung, eines Tages auf Twitch sehen zu sein, ist nicht so erstrebenswert. Aber den Sport wirklich kennenzulernen, am Strand zu spielen während Leute im Campingstuhl nebendran sitzen und ein Getränk schlürfen – das macht den Sport für mich aus. Beachvolleyball ist ein wundervoller Sport, wer Leistungssport betreiben will, muss das nicht auf/für Twitch machen. Gleichwohl ist es natürlich toll, was für eine Plattform der Sport dort bekommen hat. Am Ende kann man nur hoffen, dass es eine verlässliche, qualitativ hochwertige zweite deutsche Tour gibt. „Rock the Beach“ hat 2022 tolle Turniere veranstaltet, darauf lässt sich aufbauen. Und die Teilnahme auf so einem Event ist auch schon ein großer Erfolg für viele Spieler!
4. Eine richtige Profikarriere wolltest du nie anstreben, obwohl du die Möglichkeiten dazu gehabt hättest. Was war der Grund dafür und bereust du es manchmal den Weg von einem Nils Ehlers nicht gegangen zu sein?
Ich weiß, dass ich die Möglichkeit in der Halle gehabt hätte. Als ich 2019 das erste Mal im Hauptfeld der Tour stand, kam ein Nationaltrainer zu mir und hat mich nach meinem Alter gefragt. Als ich 26 geantwortet habe, hat er abgewunken, ich war zu alt. 2022 habe ich nochmal mit Alex Prietzel darüber gesprochen, aber wer Profisport betreiben will, muss das Ziel von der Teilnahme an den olympischen Spielen verfolgen. Das ist nichts für mich, ich weiß, wie beschwerlich der Weg dorthin ist und dass ich diesen nicht gehen wollte. Für mich war die Deutsche Tour immer eine große Herausforderung und ich habe dort viel mehr erreicht, als ich es mir zu träumen gewagt hätte. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir die internationalen Turniere noch mehr hätten geben können, was Aufwand-Nutzen gerechtfertigt hätte.


5. Was sind deine Ziele im Jahr 2024 und mit wem wirst du an den Start gehen? In Düsseldorf bist du nicht dabei, laut Zulassungsliste. Moderator/Kommentator auf der Tour?
Ich habe viele Ziele für 2024, keines hat mit Beachvolleyball zu tun. Der vergangene Sommer war für mich unglaublich kräftezehrend, daran habe ich lange zu knabbern gehabt. Aktuell schreibe ich meine Masterarbeit, ich werde einen Job anfangen und zwischendurch nochmal ein paar Flecken der Welt erkunden. Das sind wunderbare Ziele, die mich sehr erfüllen. Ich habe mich als Kommentator angeboten, das hat mir immer viel Spaß gemacht. Ich habe allerdings keine Antwort erhalten. Das ergibt sich also höchstens spontan nochmal. Ansonsten gibt’s vielleicht 2025 nochmal ein (kurzes) Comeback vom King. ;)

6. Du bist das Gesicht von BeachL. Du hast dich sehr engagiert, um die Halle mitaufzubauen und Sponsoren zu finden. Was sind derzeit deine Aufgaben bei BeachL oder habt ihr schon Pläne für die Zukunft?
Insbesondere ersteres stimmt, ja. Ich habe versucht zu helfen, wo ich konnte und war mir meiner Sonderrolle immer bewusst. Das hat natürlich Vor- und Nachteile, weil man sich manchmal wie ein Außenseiter fühlt, der ein anderes Spiel spielt. Von daher ist es auch immer ein Abwägen wo und wie man sich einbringt. Ich habe über den Winter noch sehr viel im Sponsoringteam geholfen und mich jetzt erstmal zurückgezogen, um andere persönliche Ziele zu verfolgen. Das, was wir da als Verein erreicht haben, ist unbeschreiblich und man kann nicht oft genug betonen, wie unglaublich krass die Leistung der verantwortlichen Akteure ist. Gegenwärtig befindet sich der Verein im Umbruch, aber mein eigenes Leben genauso und das habe ich für dieses Jahr hochpriorisiert – das war nicht immer so.



Danke Jannik, für deinen Einsatz im Ehrenamt und die tollen Spiele auf der Deutschen Tour.
Bilder: LVZ/Flo Treiber/Spontent/BeachL/ARD/
veröffentlicht am Mittwoch, 8. Mai 2024 um 12:08; erstellt von Peter, Sandra
letzte Änderung: 20.05.24, 07:50